Erlebnisbericht über die ADFC-Wochenend-Radtour nach Königsberg i.Bay. / Haßberge


von Bernd J. Fertig


Die Wochenend – Radtour des ADFC-WÜ mit dem Ziel Königsberg i.Bay. (Geburtsort des Astronomen und Mathematikers Regiomontanus, 1436-1476,
zu deutsch „Der Königsberger“), hinauf zur Schwedenschanze, weiter auf dem
Rennweg entlang lichtdurchwirkter Mischwälder nach Stadtlauringen, zum
Ellertshäuser See bis zum Endpunkt Bhf. Haßfurt, war schon zu Beginn aus
mehreren Gründen bei den Teilnehmern mit großen Erwartungen verbunden,
die alle gänzlich erfüllt wurden. Eine war die bekannt hohe Qualität der Touren-
führung und Routenplanung von Klaus Koch, eine andere die Vorfreude der 18
Radlerinnen und Radler auf ein sportliches, gemeinschaftliches und kulturelles
Erlebnis in einer fränkischen Landschaft, deren Schönheit mit dem Rad in
besonderer Weise zu erfahren ist. Und nicht zuletzt erhöhte das sommerliche
Wetter für alle das Naturerlebnis.



1. Tag:  Samstag, 15.06.
Vom Treffpunkt, Hbf. WÜ, kamen wir gleich außerhalb des Stadtgebietes im
Kürnachtal auf neuen Radwegen nach Kürnach. Weiter nach Unterpleichfeld,
wo wir im Garten des Biobetriebs Bauer empfangen wurden. Eine erste Rast
bei köstlichem Käsekuchen, Kaffee und frischen Erdbeeren. Das war eine
lukullische Überraschung! Die weitere Strecke an diesem Vormittag führt uns
durch die Fluren über Dipbach und Schwanfeld nach Wipfeld zum Main, den
wir mit der Fähre romantisch überwinden. Welch eine Freude das bewegte
Wasser des Stromes zu betrachten, in dem sich Minuten später das 1811
gegründete Benediktinerkloster St. Ludwig spiegelt, an dem wir parallel zur
Bocksbeutelstraße in Richtung Grettstadt und Haßfurt vorbeifahren.
Bald jedoch nehmen wir die Feldwege unter die Reifen, fahren vorüber an
wunderbaren mohnbewachsenen Wiesen, deren Rot auf die schönste Weise mit
dem Blau von Kornblumen und dem Weiß der Margeritenblüten kontrastiert –
welch ein Augenschmaus!
Um die Mittagszeit, es hat etwas eingetrübt, trotz steigender Temperaturen um
die 26 Grad, erfolgt ein zweiter Höhepunkt vor den – leider – viel zu markanten
Kühltürmen des Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld im Hintergrund. Klaus hält
uns inmitten der Flur einen fesselnden, von viel Sach- und Fachkenntnis gepräg-
ten Vortrag über die Ursprünge der Erfindung und technischen Umsetzung der
Kernspaltung und darüber, welch menschliches Leid, aber auch technischen
Fortschritt diese wissenschaftlichen Erkenntnisse eines Albert Einstein und
anderer zeitigten.

Wir konnten nun unsere Beeindruckung und unsere eigenen Gedanken darüber
mit auf den weiteren Weg nach Unterspießheim und Grettstadt nehmen, wo wir auf zwei Nachzügler warteten. Höhere Einsichten und fromme Gläubigkeit
vermittelte auch die sehenswerte klassizistische Rundkuppelkirche St. Andreas
in Wonfurt, die wir uns ansehen. Am Portal mahnt der Spruch:
„Gottes Schöpfung ist unsere Verantwortung“.
Die wohlverdiente lange Rast gönnen wir uns am Nachmittag an einem wunder-
vollen schattigen Platz an einer Quelle. Das Wasser, das aus einer Eisenquelle
sprudelt, nutzen einige als Elixier, um den Füßen kneippsche Erholung zu
gönnen. Andere genießen das Singen der Vögel und den Zug der Wolken. Den
folgenden, leicht morastig-matschigen Waldweg, der einiges an radfahrerischer
Balance und Fahrkunst bedurfte, war das Vorspiel einer kurzen Passage, bei der
es dann doch noch feucht wurde. Weite Flächen der Äcker und Wiesen stehen
noch im Hochwasser der vergangenen Tage. Hier war es unmöglich, mit ganz
trockenen Füßen davon zu kommen. Alle Teilnehmer nehmen das aber gelassen
mit sportlicher Haltung. Es folgt Haßfurt, wo wir die Ritterkapelle besichtigen.
Danach erreichen wir auf dem schönen Radweg einer ehemaligen Bahntrasse
unser Tagesziel, die romantische Kleinstadt Königsberg i.Bay. Schon der Name
lässt uns Radler Königliches empfinden ob unserer Leistung, sind es doch die
letzten Steigungen hinauf über jahrhunderte alte Pflastersteine zur Unterkunft.
Wie als blätterten wir in einem Bilderbuch, schlagen wir die letzte Seite auf.
77 erlebnisreiche Kilometer, gesäumt von Landschaftsbildern unter blauem
Himmel mit wohliger Sonne haben wir gesehen. Der Tag geht in den milden
Abend über, den wir, zuerst die Stadt erkundend genießen, dann in geselligem
Miteinander hoch über den Fachwerkhausdächern im goldenen Abendlicht, wo
wir uns mit gegrillten Leckerbissen stärken und so den erlebnisreichen Tag
ausklingen lassen. Eine Radtour, wie sie schöner und fränkischer kaum sein
kann.



2. Tag: Sonntag, 16.06.
Der markant schwebende Glockenschlag vom Turm der Königsberger Kirche
hebt am frühen Morgen an und klingt in den Ohren unserer Radlergruppe als
Weckruf, um den hellen Morgen zu nutzen und die 2. Radtour-Etappe zu
beginnen. Nach dem gemeinsamen Frühstück sammeln wir uns am Marktplatz
zum Gruppenbild, ehe wir die Pedalen drehen und den Weg auf der alten Bahn-
trasse in Richtung Hofheim nehmen. Unser nächster Augenschmaus ist das
Eisenbahnmuseum an der stillgelegten Bahnstrecke Hofheim – Haßfurt, wo es
alte Loks, Stellwerktechnik oder auch Traisinen zu bestaunen gab, was bei
vielen die Kindheitserlebnisse mit Dampfloks oder der eigenen Spur-H0-
Eisenbahn in Erinnerung rief. Kulturellen Leckerbissen verhieß ein paar hundert
Meter weiter in der von fränkischen Fachwerkhäusern gesegneten Altstadt von
Hofheim i.Ufr. die spätgotische Stadtpfarrkirche.

Diese enthält eine neugotische Ausstattung. Zwischen rechtem Seitenaltar und
Chorbogen hängt die Kreuzigungsgruppe „Maria unter dem Kreuz“, entstanden
um 1460.
Weiter geht der Weg ansteigend Richtung Eichelsdorf , vor uns die bewaldete
Anhöhe, die zu erklimmen ist. Nachdem wir uns störender Kleidungsstücke
entledigt haben, geht es links ab auf den asphaltierten Waldweg, der sich in
Serpentinen ca. zweihundert Höhenmeter zum Parkplatz hinauf windet. Ein
kleines Etappenziel, die Schwedenschanze, ist erreicht. Ein Keltenwall gibt
ihr den Namen. Die 240m zum Aussichtsturm laufen wir hinauf, ersteigen den
Turm, der einen imposanten Rundblick und eine Fernsicht gewährt auf Steiger-
wald, Haßberge und die Rhön, hin zu den fachwerkverzierten Dörfern, den
kleinen Städtchen, zum Knetzberg, Zabelstein bis hin zum Kreuzberg, dem
Stolz der Franken.


Aussicht und ausgiebige Rast in der immer mehr wärmenden Sonne, das gehört
zu einer gelungenen Fahrt dazu. Weiter auf dem Rennweg, einem wundervollen
kerzengeraden Waldweg erreichen wir in welligem Auf und Ab die Nassacher
Höhe mit 512 m ü.NN. Noch einige Km auf dem Rennweg durch den duftenden,
kühlenden und lichtdurchfluteten Wald, an dessen Ende ein sportlicher Lecker-
bissen auf uns wartet. Wir stürzen uns die steil abfallende Straße nach Birnfeld
hinunter. Jeder mit seiner individuellen Geschwindigkeit und eigenen Lust, den
rasanten Fahrtwind um die Ohren spürend. Die schmucke, riesige Dorflinde vor
dem Gotteshaus, verspielte Fachwerkhäuser und ein märchenhafter Frosch-
brunnen inmitten gleißender Mittagssonne sind wenig später unser erneuter
Treffpunkt. Klaus hat uns längst auf seiner charmanten Seite. Er geleitet uns
durch Landschaften, findet Fahrradwege, die keiner vermutet hätte und weist
auf viel Verstecktes und Markantes hin. Eine lustige Sache ist die Trillerpfeife,
die er stets dann benutzt, wenn es weitergehen muss.
Schloß Craheim, ein neubarockes Schloß, 1909 erbaut, grüßt aus dem Grün
eines Hügels, ehe wir Wetzhausen, ein bäuerliches Dorf mit Kirche, die im
Sonnenschein liegt, links liegen lassen. Alle Dörfer, die wir durchfahren, sind
hübsch herausgeputzt und mit Hingabe blumengeschmückt. Eine ruhige, sonn-
tägliche Atmosphäre bei der wir auf dem Sattel reisen, über uns ein azurblauer
Himmel, in dem die Wolken wie weiße Federn schwimmen.
Um 13 Uhr, pünktlich wie geplant, rollen die Räder in Markt Stadtlauringen ein.
Am Schmuckkästchen des Ortes, auf dem Marktplatz mit dem pittoresken Fach-
werk des puppenhaft wirkenden Rathauses, treffen wir auf den bestellten Stadt-
führer, Herrn Müller, der als ehemaliger Lehrer wohlbekannte pädagogische
Tricks anwendet, um uns aufmerksam zu machen auf die Schönheiten dieser
ehemals bedeutenden thüringischen Gründung Nurunga (794), an der oberen
Lauer, in Pflegschaft zwischen den Hochstiften Fulda und Würzburg. Wir sehen
das Schütthaus (1621), den Fürstenbau und das Amtshaus.

Alles Gebäude, die die Fürstbischhöfe Philip Adolf von Ehrenberg und Franz
von Schönborn erbauen ließen, um ihren Zehnten einzutreiben.
Klaus hat es sich nicht nehmen lassen, einen Würzburger Bocksbeutel in seiner
Radtasche den langen Weg mitzunehmen, den er jetzt als Geschenk übergibt.
Eine kleine Geste mit großer, nachhaltiger Wirkung. Wir grüßen und sagen
Aufwiedersehen.
Die Fahrt geht weiter auf eine Anhöhe mit kleiner Kapelle inmitten üppiger,
farbenprächtiger, duftender Blumenwiesen, wo wir eine kleine Picknick-Rast
einlegen. Dann in stetem, kräftezehrendem Auf und jubelndem Ab bis zum
heute bei diesem Traumwetter wahrlich nicht einsamen Ellertshäuser See. Die
Segel der weißen Boote stechen in den nun wolkenlosen aquamarinblauen
Himmel, und wir setzen uns in den schattigen Biergarten zur großen Rast.
Schon jetzt jubeln wir ein wenig über das bislang Erlebte und freuen uns auf
die folgende letzte, jedoch knapp 30 Km lange Schlußetappe. Über den Damm
des Sees hinweg geht es auf einem geschotterten, kühlen Waldweg, der uns
kilometerweit in Richtung Kerbfeld und Lendershausen führt. Die letzten, steil
abfallenden 3 Km bis in diesen Ort darf der einzige Rennradfahrer auf der Land-
straße hinunter rollen, begleitet von zwei Radlerinnen, denen der kommende
grobe Schotter auch nicht behagt hätte. Die Gruppe selbst nutzt ohne Ausnahme
die Fahrradwege. Wieder gemeinsam treten wir sportiv in die Pedalen zur Bahn-
trasse Hofheim Richtung Königsberg. Ein letzter, wehmütiger Blick, dann ist
nach 68 Km der Bahnhof in Haßfurt erreicht. Wir steigen in den Zug, um zurück
nach Würzburg zu fahren, wo wir um 20 Uhr ankommen.
Nach der herzlichen Verabschiedung und dem Dank für das gemeinschaftliche
Erlebnis trennen sich unsere Wege. Sonne in den Speichen und Radlust im
Herzen – bis zur nächsten ADFC-Radtour.

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