ADFC-Fahrradklimatest 2018

Würzburg wird von Radfahrenden kaum besser bewertet als in den letzten Jahren

Beim heute in Berlin vorgestellen Fahrradklima-Test des ADFC landet Würzburg hinsichtlich seiner Fahrradfreundlichkeit zwar wiederum auf den hinteren Plätzen, hat sich im Urteil der Radfahrenden aber leicht verbessert. Von deutschlandweit 41 teilnehmenden Kommunen mit einer Einwohnerzahl von 100.000 bis 200.000 belegt Würzburg Platz 31 - vor 2 Jahren lag Würzburg von 38 Städten noch auf Platz 34.

Der ADFC-Fahrradklima-Test ist die größte Befragung zum Radfahrklima weltweit und wurde im Herbst 2018 zum achten Mal durchgeführt, gefördert vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans. Über 170.000 Menschen stimmten bundesweit ab – eine Steigerung von über 40 Prozent gegenüber dem letzten Test im Jahr 2016 und damit eine neue Rekordbeteiligung. Dabei gelangten über 650 Städte und Gemeinden in die Bewertung.  Die Zunahme führt der ADFC auf das enorm gestiegene Interesse am Thema Fahrrad und Radverkehr zurück. Auch in Würzburg haben sich mit 660 Radfahrenden soviel wie nie beteiligt.

Im Durchschnitt vergeben die Würzburger die Schulnote 4,3 - also gerade noch „ausreichend“.

ADFC-Vorstandsmitglied Thilo Wagenhöfer sagt: „Fahrradfreundlichkeit ist ein Gradmesser für die Lebensqualität in einer Stadt. Wenn die Stadt jetzt vergleichsweise etwas besser beurteilt wird als zuvor, spiegelt das einerseits die Bemühungen wieder, für den Radverkehr etwas zu tun, andererseits zeigt die weiterhin relativ schlechte Benotung auf, dass sich nach wie vor die Würzburger auf dem Rad unwohl fühlen." Hans-Jürgen Beck von der Verkehrsgruppe des ADFC-Kreisverbandes ergänzt: "Erklärtes Ziel der Stadt ist eine Radverkehrsförderung und damit, dass bedeutend mehr Menschen aufs Rad steigen. Um dies zu erreichen, müssen die Anstrengungen intensiviert werden und auch weitere und neue Maßnahmen greifen.“

Negativ wahrgenommen wird von Würzburgs Radfahrerinnen und Radfahrern nach wie vor, dass Radwege zu schmal seien, an Baustellen keine oder nur mangelhafte Radverkehrsführungen bestehen, und dass viel zu wenig Falschparker auf Radverkehrswegen kontrolliert würden. Insgesamt fühlt man sich auch dem Konflikt mit dem KFZ-Verkehr hilflos ausgeliefert  und als Radfahrer nach wie vor nicht akzeptiert. Radfahren verursache hauptsächlich Stress und mache keinen Spaß. Kinder könne man nicht guten Gewissens allein Rad fahren lassen und für Kinderanhänger und Lastenräder lässt sich in Würzburg nicht gut voran kommen. Auch gebe es nach wie vor viel zu wenig Abstellmöglichkeiten.

Die Ampelschaltungen, die in erster Linie auf die Bedürfnisse des Autoverkehrs ausgerichtet sind, werden mit Note 5 bewertet. Bei letzteren sind den Radfahrenden insbesondere die sogenannten "Bettelampeln" ein Dorn im Auge. „Solche Ampeln, die an Kreuzungen lediglich den motorisierten Verkehr auf der Straße automatisch mit Grünphasen bedienen, Fußgängern und Radfahrern Grünlicht aber nur auf Tastendruck-Anforderung gewähren, sind für eine Stadt wie Würzburg, die fahrradfreundlich werden möchte, ein absolutes No-Go“, sagt Christoph Spenkuch, Vorstandsmitglied des Kreisverbandes.

Unter den wenigen Dingen, die nicht so negativ gesehen werden, sticht vor allem hervor, dass es viele öffentliche Fahrräder und Leihräder gibt, relativ wenig Raddiebstähle vorkommen, der Winterdienst auf Radwegen funktioniert, das Stadtzentrum gut erreichbar ist und es sehr viele Radfahrer gibt.

 „Auch wenn sich in der letzten Zeit etwas bewegt hat, ist Würzburg immer noch weit von Fahrradfreundlichkeit entfernt“, meint Beck. Man beschränkt sich im Regelfall auf die Markierung von Schutzstreifen mit unterbrochener Linie, breite Radfahrstreifen, die ausschließlich vom Radverkehr benutzt werden dürfen, sind Mangelware. Geschützte Radstreifen, die „Protected Bike Lanes“ (inzwischen von Fachleuten als beste Maßnahme zur Radverkehrsförderung propagiert) oder Fahrradstraßen sucht man in Würzburg nach wie vor vergeblich. „Dies ist für eine Stadt dieser Größenordnung, die zudem im Herbst von der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern (AGFK) zertifiziert werden möchte, inakzeptabel,“ sagt Abraham Weinrich von der Verkehrsgruppe des ADFC. „Und selbst die Schutzstreifen und auch Radwege enden oft ohne klar erkennbare Weiterführung oder sind unterbrochen. Stringente und leicht erkennbare Radverkehrsführungen sind kaum vorhanden, selbst auf den Radverkehrshauptachsen nicht.“  

Schutzstreifen sind oft zugeparkt oder werden permanent von Autos mitbenutzt. vor allem am Zeller Berg führt dies häufig zu gefährlichen Konfliktsituationen für den Radverkehr.  Auch sind Maßregelungen durch Autofahrer an der Tagesordnung. Anscheinend kennen hier nur wenige die geltenden Regeln der StVO, nach der Radwege nur dann benutzt werden müssen, wenn sie mit einem blauen Gebotsschild versehen sind.  

Obwohl im Vergleich zu Städten wie Bamberg oder Regensburg die innerstädtischen Straßen relativ breit sind, bekommt der Radverkehr in Würzburg immer noch viel zu wenig Raum - die „Leistungsfähigkeit“ des Autoverkehrs hat in Würzburg nach wie vor Vorrang. „In einer Zeit, in der Maßnahmen gegen den Klimawandel notwendiger denn je sind und allerorts eine Verkehrswende postuliert wird, kann man darüber nur den Kopf schütteln“, meint Hans-Jürgen Beck.

Um den Radverkehr wirklich zu fördern, benötigt es sichere und komfortable Verbindungen auf der Fahrbahn und keinesfalls zu Lasten der Fußgänger, die im Straßenraum ebenfalls immer noch stark benachteiligt sind. Dies kann nur verwirklicht werden, wenn der Verkehrsraum anders aufgeteilt wird und zwar deutlich zugunsten der genannten umweltfreundlichen Verkehrsträger. Radfahren dürfe keinen Stress mehr verursachen, sondern soll Spaß machen. Man muss zügig und vor allem sicher vorankommen.

Auch das bundesweite Gesamtergebnis des ADFC-Fahrradklima-Tests 2018 gibt wenig Anlass zur Freude. Die Radfahrerinnen und Radfahrer bewerten die Fahrradfreundlichkeit ihrer Städte im Durchschnitt mit der Note 3,9. Das Unsicherheitsgefühl der Radfahrerinnen und Radfahrer und die wachsende Unzufriedenheit mit der Rad-Infrastruktur nimmt der ADFC im 40. Jahr seines Bestehens zum Anlass, eine bundesweite Kampagne für #MehrPlatzFürsRad zu starten. Auch in Würzburg werden vom ADFC-Kreisverband und vielen weiteren Organisationen Aktionen stattfinden, die eine wirkliche Verkehrswende zum Ziel haben.

Thilo Wagenhöfer (ADFC Kreisverband Würzburg, Vorstandsmitglied)

Hans-Jürgen Beck (ADFC Kreisverband Würzburg, Verkehrsgruppe)

 

 

Wie Fahrradfreundliche ist Würzburg?

Noch bis 30.11. abstimmen beim ADFC-Fahrradklima-Test 2018!

Seit September läuft die Umfrage zum großen ADFC-Fahrradklima-Test 2018. Der Fahrrad-Club ruft gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium wieder hunderttausende Radfahrerinnen und Radfahrer dazu auf, die Fahrradfreundlichkeit von Städten und Gemeinden zu bewerten. Der Test hilft, Stärken und Schwächen der Radverkehrsförderung zu erkennen. In diesem Jahr ist Familienfreundlichkeit des Radverkehrs das Schwerpunktthema.

Thilo Wagenhöfer aus dem Vorstandsteam des ADFC-Kreisverbandes Würzburg sagt: „Fahrradfreundlichkeit ist ein echter Standortfaktor und ein Synonym für Lebensqualität geworden. In Würzburg gibt es noch viel zu tun, damit man von einer fahrradfreundlichen Stadt sprechen  kann. Aber immerhin wurden erste Schritte unternommen. Es liegt inzwischen ein Radverkehrskonzept vor und erste der darin vorgeschlagenen Hauptverkehrsrouten sind im Bau. Auf vielen Straßen wurden Schutzstreifen markiert und Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung freigegeben. Auch soll eine professionelle Image- und Aufklärungskampagne durchgeführt werden.“

Und Christoph Spenkuch, ebenfalls im Vorstandsteam des Kreisverbandes, ergänzt: „Jetzt geht es um die Frage: Kommen diese Maßnahmen auch bei den Bürgerinnen und Bürgern an? Was läuft gut – was nicht? Wir bitten alle Radfahrenden, sich ein paar Minuten für die Befragung zu nehmen. Es lohnt sich!“

Macht Radfahren in Würzburg Spaß oder Stress?

Bei der Online-Umfrage werden 32 Fragen zur Fahrradfreundlichkeit gestellt - beispielsweise, ob das Radfahren Spaß oder Stress bedeutet, ob Radwege von Falschparkern freigehalten werden und ob sich das Radfahren auch für Familien mit Kindern sicher anfühlt. Mehr als 120.000 Bürgerinnen und Bürger haben 2016 mitgemacht und die Situation in über 500 Städten beurteilt. Würzburg schloss bei diesem letzten ADFC-Fahrradklima-Test wie auch bei den Tests vorheriger Jahre sehr schlecht ab und belegte auf Platz 523 der 539 teilnehmenden Kommunen, bayernweit auf Rang 65 bei 66 bewerteten Städten. Die Bewertungen vom letzten Durchgang gibt es auf www.fahrradklima-test.de/karte beim Klick auf „Würzburg“.

Bis 30. November bewerten!

Die Umfrage findet noch bis 30. November 2018 über die Internetseite www.fahrradklima-test.de statt. Die Ergebnisse werden im Frühjahr 2019 präsentiert.

Ausgezeichnet werden die fahrradfreundlichsten Städte und Gemeinden nach sechs Einwohner-Größenklassen sowie diejenigen Städte, die seit der letzten Befragung am stärksten aufgeholt haben.

Förderung durch Bundesverkehrsministerium

Der ADFC-Fahrradklima-Test ist die größte Befragung zum Radfahrklima weltweit und findet in diesem Jahr zum achten Mal statt. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert den ADFC-Fahrradklima-Test 2018 aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP) mit rund 195.000 Euro.

Auch auf Facebook und Twitter

Neuigkeiten zum Fahrradklima-Test postet der ADFC unter den Hashtags #fkt18 und #radklima. Radbegeisterte werden gebeten, die Informationen weiter zu verbreiten. Der Test wird umso aussagekräftiger, je mehr Menschen mitmachen.

 

 

Hinweis an Redaktionen: Logo und Grafiken zum ADFC-Fahrradklima-Test finden Sie im Pressebereich des ADFC auf www.adfc.de/presse.

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